Jahresgabe

M

Karimi, Behrang

Behrang Karimis Werk zeichnet sich nicht nur durch seinen einzigartigen Beitrag zur Malerei aus, sondern ebenso sehr durch seine Fähigkeit, medienübergreifend zu arbeiten; dazu zählen unter anderem Möbelstücke, Tapisserien, Zeichnungen und Drucke. Ich hatte das Vergnügen, in Karimis fantastisches Universum eintauchen zu können, als ich 2024 die Ausstellung Theory of a Smell bei Ermes Ermes besuchte, in welcher der Künstler anhand der genannten Formate eine Dialektik der Geruchserinnerung schuf. Karimi kanalisierte auf eigenwillige Weise den Geruch des Lippenstifts seiner Mutter, aber auch seinen persönlichen diasporischen Hintergrund (der Künstler wurde im Iran geboren und wuchs in Deutschland auf) durch andere Medien; eine Taktik, deren Sinneswahrnehmung eine kritische Beobachtung erfordert. 

Kunstwerke sind immer dann besonders wirkungsvoll, wenn ihnen eine bedingungslose persönliche Überzeugung zugrunde liegt. Ein tiefes philosophisches Interesse erweitert an dieser Stelle stets die Verkörperung und Erzeugung von Erinnerung. Karimi selbst beschreibt diesen Vorgang als “Akt des Suchens”, der sowohl von freier Assoziation, als auch kognitiven und forschenden Prozessen angetrieben wird. Es ist daher kaum verwunderlich, dass viele seiner Arbeiten durch ihren eigenen Schwellenraum markiert werden. Momente der Verschmelzung sind mit zarten Pinselstrichen festgehalten und oszillieren zwischen Abstraktion und Figuration. In seinen kleinformatigen Arbeiten schichtet Karimi manchmal mehrere Leinwände übereinander, was die für ihn charakteristische Oberflächenstruktur entstehen lässt, die mit ihren verfranzten Enden einem Patchwork ähnelt.  

Für seine Ausstellung Pocket Call im Kunstverein Düsseldorf entwarf Karimi eine Methodologie rund um die Ellipse – einen Mechanismus, der auf die Kosmologie und die Form der Kurve anspielte. Die Malereien ließen an zahlreiche historische Verbindungswege denken, an die Nabelschnur des Lebens. Sie beschworen aber auch Verstrickungen herauf, flüchtige Momente, wie man sie aus Träumen kennt, oder allerlei im Unbewussten verborgene Schätze. Diese Arbeiten waren eine perfekte Veranschaulichung der Intuition – jener Intuition, die im reißenden Strom alltäglicher Erfahrung das Unbekannte sucht.

– Jennifer Teets